Der Aufstieg der Menschheit von Charles Eisenstein
Über die große Krise unserer Zivilisation und die Geburt eines neuen Zeitalters
Arbeit ist ein Wesensmerkmal modernen Lebens. Wenn wir jemand anderes fragen: „Was machst du?“, dann meinen wir normalerweise „Was arbeitest du?“, und damit meinen wir „Was tust du für dein Geld?“ Und Arbeit selbst, Wesensmerkmal des Lebens, wird mit Schinderei, Stumpfsinn, Opfer und Routine verknüpft; alltäglicher Plackerei. Diese Eigenschaften sind bezeichnend für die Maschine, und es ist kein Wunder, dass wir, da wir so sehr in die Maschinenzivilisation eingebettet sind, Arbeit als Gegensatz zu Freizeit und Spaß betrachten.
Der Niedergang der mechanistischen Betrachtungsweise des Universums und das Ende der Maschinenzivilisation bringt ein neues Versprechen – nicht die Abschaffung der Arbeit, sondern ihre Umwandlung. Arbeit wird in der Zeit nach dem Maschinenzeitalter eine neue Funktion übernehmen. Diese Umwandlung wird über den Inhalt und die Natur der Arbeit selbst hinausgehen und das wirtschaftliche „Beschäftigungsverhältnis“ revolutionieren. Arbeit und Freizeit, Job und Leben werden eins werden.
Jahrhundertelang haben Maschinen den Menschen bei mechanischen, mühsamen Aufgaben ersetzt. Paradoxerweise sind die meisten Berufe noch immer mühsam und mechanisch. Das kommt daher, dass die Megamaschine, trotz der Übernahme von immer mehr Funktionen durch Maschinen, stets neue Aufgaben erzeugt und ihre menschlichen Komponenten – genau wie ihre unbelebten Teile – ihre Normanforderungen erfüllen müssen. Der Versuch der Ausmerzung von Arbeit ist es gerade, der mehr Arbeit erfordert als er eliminiert, denn der Versuch an sich bedeutet eine Intensivierung der Maschinenmethodik. Wiederum können die Werkzeuge des Meisters nicht des Meisters Haus niederreißen. Die Transformation der Arbeit kommt in anderer Gestalt, als Futuristen aus zwei Jahrhunderten sich das vorstellten. Nicht weil alle mechanischen Tätigkeiten ein für allemal automatisiert worden wären, sondern weil die Gesellschaft immer weniger dieser Funktionen gebrauchen kann.
Eine Folge lokaler Währungen und grüner Technologien wird ein Rückgang im Umfang vieler Branchen sein. Viele Massenproduktionsprozesse heute sind nur deshalb effizienter, weil sie Kosten auslagern. Landwirtschaft ist ein Hauptbeispiel dafür. Massentierhaltung ist arbeitszeiteffizienter als Bio-Landwirtschaft, aber weit weniger effizient bezüglich Energieverbrauch oder Umweltverschmutzung. Wenn man alle Kosten einrechnet, werden viele industrielle Praktiken arbeitsintensiveren Methoden weichen. In vielen Bereichen wird Massenproduktion überholt sein, und mit ihr das Fließbandmodell, in dem Arbeit mechanisch, monoton und bruchstückhaft ist, wenig Fachkenntnis und persönlichen Kontakt erfordert, dafür aber viele Ebenen hierarchischen Managements.
Diese Eigenschaften stehen im Gegensatz zu Reparaturarbeiten, die lokal geschehen, in kleinem Umfang, gut geschultes Fachpersonal erfordern und sichtbare Ergebnisse zeitigen. Die wirtschaftliche Logik, die es heute billiger macht, eine neue Stereoanlage zu kaufen, statt die alte zu reparieren, wird sich umkehren, wenn die Rohmaterialien endlich ihre vollen Kosten im Preis enthalten und Entwickler beim Design auf Haltbarkeit und leichte Reparatur achten. Das Ergebnis wird arbeitsintensiver sein (Reparaturen verlangen viel Arbeit), aber die Natur dieser Arbeit wird sehr anders sein – genau wie das Wirtschaftsmodell, das dies nach sich zieht.
Ein weiterer Mechanismus, die das Fabriksystem mitsamt der Mumfordschen Megamaschine außer Kraft setzen wird, ist die zunehmend unbewältigbare Komplexität technischer Prozesse und betriebswirtschaftlicher Abläufe (unbewältigbar im Sinne des reduktionistischen Steuerungsmodells). Die daraus resultierende Transformation der Geschäftswelt, die man bereits in der Verflachung von Konzernhierarchien beobachten kann, ist nicht nur eine modische Laune, sondern eine praktische Notwendigkeit, eine Folge des Zusammenbruchs von Gestaltungsprozessen unter dem Gewicht ihrer eigenen Verwaltung. Zunehmend sind die komplexen Prozesse von heute nicht mehr für herkömmliches cut-and-control engineering zugänglich, bei dem das Problem als Spiegelbild traditioneller Geschäftshierarchien in seine Komponenten und Unterkomponenten usw. zerlegt wird. Weder in der Geschäftswelt noch im Ingenieurwesen funktioniert der alte Problemlösungsansatz des Zerlegens und getrennten Behandelns jedes Teils noch sonderlich gut.
In jeder Maschine, egal ob sie aus menschlichen oder unbelebten Teilen besteht, wächst die Komplexität der Beziehungen zwischen den Teilen exponentiell mit deren Anzahl. Das starke Anwachsen der Variablen gerät schnell außer Kontrolle, so dass traditionelle reduktionistische Lösungen ab einem gewissen Punkt solchen weichen müssen, die gewachsen sind und nicht gestaltet. Das geschieht bereits in vielen Bereichen wie dem Schaltungsdesign, wo evolutionäre Algorithmen nach Lösungen suchen, die für analytische Methoden unzugänglich sind. Softwaretechnik ist ein weiteres Beispiel, in dem die Komplexität des Produkts sich hierarchischem Management widersetzt; Lösungen wachsen bei Heerscharen unabhängiger Programmierer zunehmend von Grund auf.
Visionäre Denker wie Michel Bauwens haben die Peer-to-Peer (P2P)-Revolution auf dem Gebiet der Informationstechnologie als neues Modell auf öknomische, soziale und politische Organisation übertragen. P2P-Netzwerke erinnern erstaunlich an alte Geschenkwirtschaften und ebenso an die Eigenschaften einer schwundbasierten Ökonomie. Wie in einer Potlatch-Gesellschaft leitet sich der Status in einer solchen Gemeinschaft von der Menge deiner Beiträge ab, nicht von deinem Besitz. Im allgemeinen werden Ressourcen geteilt und nicht gehortet, und der Güteraustausch erfolgt auf Geschenkbasis. Solche Netzwerke haben ein neues Journalismusmodell (die Blogosphäre) erschaffen, die enorme Informationsmengen sammelt, filtert, bearbeitet und ordnet, und zwar weit effizienter als tranditionelle Nachrichtenorganisationen das können.34 Andere Strukturen mit P2P-Elementen sind beispielsweise Wikipedia und die Geflechte rund um Amazon, eBay und Google. Sie alle profitieren von der kostenlosen Informationsweitergabe.35 Ein Informationsanbieter nach dem anderen, der sich an das Geschäftsmodell des Anhäufens und Verkaufens großer Mengen proprietärer Informationen geklammert hat, ist auf der Strecke geblieben (die Encyclopedia Britannica ist nur ein Beispiel dafür). Andere im Bereich der Musik-, Film- und Software-Industrie kämpfen noch immer um die Erhaltung des Modells von Information als Besitz.
Eine enorme, viel deutlicher geschenkbasierte Schattenwirtschaft blüht am Rand der Sichtbarkeit. Leute, die an file-sharing-Netzwerken teilnehmen, vertrauen völlig auf dein Geist des Geschenks, wenn sie ihre Musiksammlungen oder Software-Cracks36 für jeden zum Download bereitstellen. In einigen dieser Subkulturen wird es als unsinnig angesehen, überhaupt Geld für Daten zu verlagen.
Das Konzept des Profits durch Verschenken ist Teil eines größeren Wandels bezüglich der Natur von Arbeit. Statt für Geld zu arbeiten wird Geld zum Nebeneffekt guter Arbeitsleistung. Arbeit, die nicht mehr Sklaverei für Geld darstellt, dient anderen Zielen: Schönheit, Hilfe, Spaß oder Selbstverwirklichung. Anders ausgedrückt wird der Arbeiter zum Künstler. Das ist auch eine Folge einer neuartigen Beziehung zu materiellen Gegenständen, die sich zu einer restaurativen Ökonomie entwickeln wird.
Wegen der Einbeziehung aller Kosten werden die Berge von Plastikzeug, die wir heute einkaufen, weitaus teurer werden – so sehr, dass es sie nicht mehr geben wird. Konsumgüter allgemein werden nicht mehr so billig sein, und ich meine das in beiden Bedeutungen des Wortes. Wir sehen uns als wohlhabendste Gesellschaft der Geschichte, aber ein Leben voll enormer Mengen von Billigzeug ist an sich armselig und billig. Mit Gegenständen zu leben, die nicht billig, sondern mit vollendeter Kunstfertigkeit, Aufmerksamkeit und Sorgfalt gefertigt wurden, wäre wahrer materieller Wohlstand. Kannst du dir eine Gesellschaft vorstellen, in der jedermanns Talente und Gaben völlig in seiner Arbeit zum Ausdruck kämen, statt im Interesse des Maschinenlebens unterdrückt zu werden? Kannst du dir eine Wohnung vorstellen, in der jedes Gerät, jedes Kleid und jedes Möbelstück so weise gestaltet sind, so gut gemacht, eine so elegante Verbindung von Schönheit und Funktion, dass niemand Wegwerfgegenstände vermissen würde, die zu billig sind, als dass sie jemanden kümmern? Das Leben wird vor schönen Gegenständen strotzen, weil wir in der restaurativen Ökonomie alle Kunsthandwerker sein werden, die ihre vollen Talente in ihrer Arbeit zum Ausdruck bringen, statt sie zwecks Joberhalt zu verleugnen. Teilweise wird es eine dramatische Wiederbelebung traditioneller Handarbeit geben, weil „natürliche Ressourcen“ so wertvoll geworden sein werden, dass es die allerbeste Verarbeitung rechtfertigt. Aber sogar im Hochtechnologiesektor wird es weit weniger hochspezialisierte Jobs als heute geben, und jeder wird sich selbst als Künstler betrachten.
Die restaurative Ökonomie wird so einige der grundlegenden Gegensätze unserer Kultur einebnen: Arbeit und Kunst, Arbeit und Freizeit, Nützlichkeit und Schönheit. Wenn dies geschieht, werden die edlen Ideale im Herzen unseres Traums vom technologischen Utopia in Erfüllung gehen: nicht dadurch, dass Arbeit überholt wäre, sondern durch Verwirklichung ihrer wahren Natur. Wenn Arbeit aus der Perspektive der Mumfordschen Maschine betrachtet wird, dann ist sie unentrinnbar einengend und unterdrückend. Darum strebten die technotopischen Träumer nach dem Ende der Arbeit; jeder Mensch ein König, der von Maschinensklaven bedient wird. Weil sie von ihren Vorurteilen über Arbeit vereinnahmt waren, konnten sie sich nichts besseres vorstellen. Arbeit und Kunst wiederzuvereinen, den Bruch zwischen Arbeit und dem restlichen Leben zu heilen, von dem der Ausverkauf unserer Zeit herrührt, ist ein viel radikaleres Bestreben.
Es ist eine Beleidigung unserer Würde, von jemandes Erzeugnissen zu leben, der erniedrigende Arbeit tun muss um zu überleben. Erzwungene Arbeit ist Sklavenarbeit. Eine wahrlich wohlhabende Person braucht das nicht. Können wir uns ein Leben vorstellen, in dem alle Gegenstände von Menschen hergestellt werden, denen es bestens geht?
Von den egalitären Gesellschaften der Altsteinzeit entwickelte sich die Menschheit zu großen agrarischen Zivilisationen, in denen diejenigen reich waren, die Sklaven besaßen. Im Maschinenzeitalter verschwand die offene Sklaverei, um durch ein System ersetzt zu werden, in dem aus Überlebensangst fast jeder Zwangsarbeit verrichtete. „Tu’s oder stirb!“ Genau, das ist Sklaverei. Das große Versprechen der Maschinentechnologie – jeder Mensch ein König! Jeder Mensch ein Gott! – hat sein Gegenteil erzeugt. Jeder Mensch ein Sklave. Sklaven ohne menschliche Besitzer, alle arbeiten unter dem Joch des Geldes. Doch nun, mit dem Ende des Maschinenzeitalters, sehen wir die Möglichkeit einer Rückkehr zum ursprünglichen Egalitarismus, wo Wirtschaft im Fluss der Geschenke in einem reichhaltigen Umfeld besteht.
Wenn es im Zeitalter der Wiedervereinigung noch Karriereberater gibt, werden sie uns helfen die Frage zu beantworten: „Welche meiner schöpferischen Talente gefällt mir am besten? Welche Kunst würde ich gern betreiben?“ Arbeit und Kunst stünden nicht mehr in Widerspruch, sondern wären ein und das selbe.
Die Wiedervereinigung von Arbeit und Kunst wird von einer neuen Art Materialismus begleitet sein. Im Achtgeben auf Dinge liegen Tugend und Freude. Vor den Tagen materieller Übersättigung und einer Flut billigen Zeugs haben Menschen genau das getan. Noch in den 1930ern schätzten die Leute Dinge wie Handwerkszeug, Angeln, Dreiräder und Spielzeug wert und diese wurden wohl gehütet, damit sie ein Leben lang oder sogar Generationen hielten. Heute – wen juckt’s? Warum so viel Zeit und Mühe auf etwas Billiges verwenden? Ein neues kostet nur 20 Dollar. Auf unser Zeug aufzupassen wurde genau wie Reparaturen des Fernsehgeräts unwirtschaftlich. Auf eine Weise ist das bequem, da wir von der Last befreit sind, auf unsere Dinge aufpassen zu müssen. Aber aus Sicht von Kapitel IV ist es Sklaverei. Wirtschaftliche Zwänge – der Austausch von Zeit gegen Geld – haben uns unfähig gemacht, uns die Tugend und Freude des Achtgebens auf Gegenstände leisten zu können. Die heutige Billig-Flut spart Zeit, macht aber unser Leben minderwertig. Indem sie die Umwandlung von Leben in Geld aufhebt, wird uns die restaurative Ökonomie befreien, so dass wir unsere Dinge wieder lieben lernen, und sie wird uns mit Gegenständen versorgen, die es wert sind.
Ich rede nicht der Lossagung von der materiellen Welt das Wort oder der Scheinspiritualität der Überwindung der Welt und des Fleisches im Sinne einer getrennten cartesischen Seele. Im Gegenteil. Ich sehe eine Zukunft, in der wir unsere materiellen Besitztümer mehr und nicht weniger lieben werden, so dass es uns kümmert, woher sie kommen und wohin sie gehen. Ich sehe eine Zukunft, in der wir das Leben in der materiellen Welt als Gelegenheit zur Teilhabe an ihrer ständigen Erzeugung von Schönheit erkennen.
Die Minderwertigkeit modernen Lebens ist mehr als nur eine Folge unseres Wirtschaftssystems; sie ist ein Spiegelbild der Entwertung von Dinglichkeit nach der cartesischen Entwendung des Geistes aus der Materie. Wen kümmert die materielle Welt, wenn sie von unserem spirituellen Selbst getrennt ist? Der Zusammenbruch von Newtons Weltmaschine wird uns wieder mit der Welt vereinen, und wir werden uns wieder in sie verlieben. Zu lieben heißt Grenzen aufzulösen, sich selbst zu erweitern, um einen Anderen in sich aufzunehmen. Das geschieht bereits. Ist es dir aufgefallen? Einer nach dem Anderen weisen wir die Prioritäten unserer Gesellschaft zurück und verlieben uns wieder in das Leben. Das ist unsere wahre Natur, und wir können sie nur mit steigendem Aufwand verleugnen. Es liegt in unserer Natur, das Leben in zweierlei Sinn zu lieben: biologisches Leben und unser eigenes Leben. Die Welt zu lieben und unsere Zeit darin zu lieben. Man hat uns lange so geängstigt, dass wir beide zurückgewiesen und im Ergebnis ihre Plünderung erlaubt haben: die Reduzierung der lebenden Welt auf Ressourcen, Dinge, Geld, und die Reduzierung unserer Zeit auf kommerzialisierte Stunden, Jobs, die bittere Notwendigkeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die gute Nachricht ist, dass diese Dinge sich in ihr Gegenteil verwandeln werden, wenn wir die Trennung fallen lassen und uns in der Folge wieder in das Leben verlieben. Sowohl für die Welt als auch für uns selbst werden wir nicht weniger verlangen, als ein Leben, das leidenschaftlich der Erschaffung schöner Dinge, schöner Musik, schöner Ideen gewidmet ist. „Könnten du oder ich uns auch nur für einen Moment vorstellen, wie sehr meine Urenkelin und ihre Freunde das Leben lieben würden, und dass diese Liebe keine dahinschwindende Laune wäre, sondern eine nie versiegende Kraft, die jeden Moment des Schlafens und Wachens in ihrem Leben durchdringen würde?“
Ich streite nicht ab, dass es immer irgendwelches Geschirr abzuspülen, Toiletten zu reinigen, Dächer zu decken gibt – Aufgaben, die wir als hirnlos, mühselig oder abstoßend ansehen.37 Aber was ist verkehrt an körperlichen Anstrengungen zur Aufrechterhaltung des Lebens? Sollen wir Kaumaschinen erfinden, die uns die „Arbeit“ des Nahrungzerkauens abnehmen? Ist das Ziel des Aufstiegs der Menschheit, ewig im Bett liegen zu bleiben, angeschlossen an diverse Maschinen, die uns ganz ohne eigene Bemühung mit Nahrung, Freude und Aufregung versorgen? Das wäre die Summe des Versprechens der Maschine, oder? Ein Diener, der nicht nur alle Arbeit für uns erledigt, sondern ebenso auch unser Leben für uns lebt. Nein, die Tätigkeiten des Überlebens brauchen nicht mühselig zu sein. Was Arbeit mühselig macht ist die Opferung der Vielfalt an die Effizienz von Wiederholung und Norm. Hierin liegt der Unterschied zwischen Landwirtschaft und Gartenarbeit. Ersteres ist der Inbegriff von Plackerei, letzteres eine solche Freude, dass die Leute es trotz seiner wirtschaftlichen Unvernunft tun.38 Je mehr ein Bauernhof eher einer Fabrik als einem Garten ähnelt, desto ermüdender und lebensverleugnender wird Landwirtschaft. Traditionelle Landwirtschaft funktioniert nach genau den selben Prinzipien wie jedes andere Industrieunternehmen. In einem Garten verbringt niemand Wochen mit dem Pflücken von Baumwolle, Tomaten oder Trauben. Auf einem kleinen Hof mit Mischbetrieb verbringt niemand Wochen, Monate oder Jahre in immer dem selben Teilschritt beim Schlachten von Hühnern.
Was eine Aufgabe zur Belastung macht, ist nicht ihr Inhalt, sondern ihre Dauer, ihre Motivation und ihr Zweck. Seine eigene Toilette zu reinigen, ist weder erniedrigend noch besonders mühselig – ganz anders als das tägliche Reinigen von hunderten von fremden Toiletten. Niemand ist geboren worden, um Toiletten zu putzen. Und niemand würde sich einem solchen Leben unterziehen, der nicht gebrochen oder durch Bedrohung des Überlebens dazu gezwungen worden wäre. In einer Gesellschaft, in der Arbeit Kunst und Geld nicht knapp ist, werden Menschen ihre Zeit, ihre Würde oder Integrität nicht für Geld verkaufen wollen. Nicht nur Fließband- und niedere Arbeit, jede Tätigkeit, die erniedrigend oder lebensverleugnend ist, muss aus der Wirtschaft entfernt werden. Wie oft enthalten heutige Spezifikationen von Industriedesign solche Voraussetzungen?
Das Zeitalter der Wiedervereinigung ist keine Rückkehr in die Vergangenheit und kein Verzicht auf Technologie. Vielmehr werden sich die technologischen Beweggründe und Organisationsprinzipien ändern. Wenn die psychologischen und ökonomischen Kräfte, welche die Umwandlung von Leben in Geld vorantreiben, rückgängig gemacht werden, dann wird Technik nicht mehr dazu da sein, diese Umwandlung schneller und effizienter zu machen. Die Ingenieure der Zukunft werden im Sinne von Nachhaltigkeit, Würde und Schönheit gestalten. Sie werden, mit anderen Worten, Künstler sein, die Technik für eine Welt der Künstler im Garten Eden erschaffen. Der Konflikt, dem alle Künstler begegnen – zwischen einer Schöpfung für den Markt und einer für den Geist – wird erlöschen, wenn Arbeit und Kunst, Geld und Nachhaltigkeit übereinstimmen.
34 Dies ist ein komplexes Thema. Die Blogosphäre und herkömmlicher Journalismus wachsen in symbiotischer Beziehung zueinander, so dass etwas völlig Neues entstehen wird. Keines wird das andere schlucken oder ersetzen. Ein ähnlicher Prozess beginnt das wankende System wissenschaftlicher Journale umzuwandeln.
35 Im Fall von Amazon umfasst die freie Information eine riesige Datensammlung von Benutzerkritiken, Kritiken von Benutzerkritiken usw. Natürlich ist das nicht die einzige Ursache für Amazons Rentabilität, aber etwas zu verschenken ist sicherlich eine der Methoden, mit der die Firma Profite einfährt.
36 Ein Software-Crack ist ein Verfahren, mit dem man illegale Kopien kommerzieller Software zum Laufen bringt.
37 Behalte jedoch im Auge, dass viele Jobs heutzutage Artefakte unseres Triebs zur Aufrechterhaltung der Trennung von der Natur sind. Murmeltiere und Jäger-Sammler reinigen keine Toiletten oder waschen Geschirr. Die meisten bauen und unterhalten jedoch einen Unterschlupf. Um selbst diese Form von Trennung rückgängig zu machen, müssten wir in ein Stadium vor den Säugetieren zurückgehen.
38 Wenn ich von Gärten spreche, so denke ich an Zusammenarbeit mit der Natur, nicht Kontrolle. Ein Garten kann beides
verkörpern. Am einen Ende ist der viktorianische Garten mit exotischen Arten, jede unter vollständig menschlichem Zwang gegen
das Land genau platziert. Am anderen Ende befindet sich das nur wenig modifizierte Ökosystem, das die Interaktion jedes Tiers
mit seiner pflanzlichen Umgebung erzeugt.
Was die wirtschaftliche Unvernunft angeht, so rechne einmal durch, wieviel Geld du sparst, wenn du deinen eigenen Salat
anpflanzt, statt ihn im Supermarkt zu kaufen. Dann rechne die Zeit ein, die du aufgewendet hast. Ich bezweifle, dass du mehr als
50 Cent die Stunde sparst, selbst wenn du Bioprodukte kaufst.
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